Paris,
Boulevard Haussmann, im Jahre 1910 – in einem der vielen Hinterhöfe
residiert die Firma Auguste C. Gomes & Co. Auf den ersten Blick sollte
man meinen, dass es sich hier um eine Autowerkstatt handelt, und richtig
– Gomes repariert vor allem Automobile. So ganz scheint ihn diese
Tätigkeit jedoch nicht befriedigt zu haben, denn neben der Werkstatt
war diese Firma berühmt für die Herstellung von Flugzeugen und
Flugzeugteilen, und auch Drachenmodelle in unterschiedlichen Größen
erblickten in diesem französischen Hinterhof das Licht der Welt.
Und was für Drachen! Der berühmteste Drachen aus dem Hause Gomes ist wohl der L'Aero Photo, der seinerzeit in drei unterschiedlichen Größen angeboten wurde und als Trägerdrachen für die Luftbildfotografie diente. Neben diesen Drachen entwickelte Gomes aber auch andere, weniger bekannte Drachenmodelle, wie beispielsweise den Multicellulaire, den wir Ihnen an dieser Stelle vorstellen möchten. Der Multicellulaire wurde nicht nur in verschiedenen Größen, sondern auch mit einer unterschiedlichen Anzahl von Zellen hergestellt. Der hier gezeigte Drachen hat eine Bauhöhe von 170 Zentimeter und eine Spannweite von knapp 240 Zentimeter. Er wurde nach einem Plan von Gerd Schaller aus Rostock gebaut. Wie immer gilt es auch hier, den Plan zunächst komplett durchzulesen und erst dann mit dem Bau zu beginnen. Was bei der Auswahl des Holzes und des Stoffs zu berücksichtigen ist, haben wir sowohl im Bauanleitungs-Sonderheft 2001 als auch im Artikel „Biplan RL“ in KITE & friends 5/2003 beschrieben. Wir beginnen mit dem Bau des Drachens bei den Segeln, genauer gesagt mit den beiden Außensegeln aus Skizze 1. Zu beachten ist hierbei, dass diese, wie auch die anderen Skizzen, ohne Nahtzugabe sind. Diese richtet sich nach Ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen. Schneiden Sie zunächst zwei Segel gemäß Skizze 1 zu. In die Mitte des Segels werden gemäß Skizze fünf Löcher mit einem Durchmesser von 15 Millimeter geschnitten. Diese Löcher sind zu klein, um gesäumt werden zu können. Um ein Ausfransen zu verhindern, werden die Ränder der Löcher von der Rückseite her mit Textilkleber eingestrichen. Nach dem Trocknen des Klebers werden die Segel mit Saumband gesäumt und die Segelspitze, die später die äußere Spitze der Spannweite darstellt, erhält zudem eine Schlaufe, in die ein D-Ring eingelegt wird. Besagter D-Ring wird später die Spannschnur aufnehmen, mit deren Hilfe das Segel ordentlich durchgespannt wird. Auf der gegenüberliegenden Seite, das heißt der Seite, die zum Rumpf hinweist, werden in einem Abstand von sechs Zentimeter Ösen in das Saumband eingeschlagen. Durch diese Ösen wird später die Schnur geführt, mit der das Segel an die Zelle beziehungsweise das Mittelsegel gebunden wird. Abschließend wird über die Breite des Segels eine Tasche genäht, die später den Spreizstab aufnimmt. Im nächsten Arbeitsschritt werden die beiden unteren Segel gemäß Skizze 2 zugeschnitten. Diese beiden Segel erhalten keine Entlastungslöcher, sind aber ansonsten wie die beiden großen Segel aufgebaut. Zu beachten ist bei der späteren Montage, dass das Dreieck des größeren Segels nach oben, das Dreieck des kleineren Segels nach unten weist. Wenden wir uns nun dem Zwischensegel zu. Aufbau des Multicellulaire am Strand von Fanø zusammen mit Gerd Schaller Dieses wird gemäß Skizze 3 zugeschnitten und erhält mittig Entlastungslöcher. Anschließend wird es an sämtlichen Außenkanten mit Saumband versehen, und auch hier werden Ösen entlang der 50 Zentimeter langen und zur Rumpfaußenkante hinweisenden Bahn eingeschlagen. Zudem werden weitere Ösen an der 119 Zentimeter langen Bahn eingeschlagen und zwar jeweils neun Zentimeter von der Außenkante her. Sie müssen also insgesamt vier Ösen einschlagen, zwei an der oberen und zwei an der unteren Bahn. Abschließend werden die Zellensegmente zugeschnitten. Hier haben Sie die freie Wahl, ob Sie die einzelne Zelle aus insgesamt vier Segmenten aus Skizze 4 zusammensetzen wollen, oder ob Sie entsprechend eine 240 Zentimeter lange Bahn zuschneiden wollen. Egal für welche Methode Sie sich entscheiden, am Ende sollte eine durchgehende Ringbahn von 240 Zentimeter Länge entstanden sein. Der Vorteil der Segmentierung des Rings liegt darin, dass dieser im Bereich der späteren Stäbe durch die Nähte zusätzlich verstärkt wird. Jedoch ist diese Verstärkung mit etwas mehr Näharbeit verbunden. Vorteil einer durchgehenden 240-Zentimeter-Bahn ist der geringere Nähaufwand und somit die schnellere Fertigstellung. Zu beachten ist ferner, dass im Bereich der späteren Außensegel eine Nahtzugabe hinzugerechnet wird, welche einer Saumbandbreite entspricht. Stabaufnahme in der Zelle mit Takelung Im Inneren der Zelle, gut zu sehen: die positive V-Form Hier wird später Saumband aufgenäht und mit Ösen versehen, mit deren Hilfe das Segel an der Zelle befestigt werden kann. Bedenken Sie ferner schon beim Zuschnitt, dass in der Mitte des Segels etwa fünf Zentimeter lange Durchbrüche für die Stäbe eingeschnitten werden. Diese werden entweder mit Leder hinterlegt und somit verstärkt, oder aber mit Saumband gesichert. Haben Sie die beiden Zellenringe fertig gestellt, können Sie die Außenkanten säumen. An den Stellen, an denen später die Längsstäbe verlaufen, werden die Zellen mit Stabtaschen ausgestattet. Anschließend werden die Zellen mit Laschen versehen. Dabei ist zu beachten, dass die Laschen auf einer Seite der Zelle komplett mit D-Ringen versehen werden, während die Laschen auf der gegenüberliegenden Seite leer ausgehen. Später weisen die Laschen mit D-Ringen an das obere beziehungsweise untere Ende des Drachens, so dass sie in die Stäbe eingehängt werden können. Die Laschen ohne D-Ringe weisen später zur Drachenmitte hin und werden einfach nur mit Schnur abgespannt. Die Segel werden mit Schnur an die Zelle gebunden
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Start des Gomes-Drachens aus Baumwolle und Ramin Wenden wir uns nun
den Stäben zu. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie
die Außenseite der Stäbe mit einer Aufnahmevorrichtung
für die D-Ringe versehen werden kann. Recht einfach und im
täglichen Gebrauch bewehrt hat sich die folgende Lösung:
Sägen Sie etwa vier Zentimeter lange Stücke aus einem
Alurohr mit einem Innendurchmesser, der zu dem Außendurchmesser
der Stäbe passt. Diese Röhrchen werden auf das Ende der
Stäbe aufgeklebt und nach dem Trocknen des Klebers mit Kerben
versehen. In diese Kerben werden dann die D-Ringe eingehängt.
Alle zehn Stäbe werden nach dieser Methode mit Aluröhrchen
und einer Kerbe versehen. Im nächsten Arbeitsschritt werden
die vier Längsstäbe in die Taschen der Zellen eingesetzt
und anschließend insgesamt acht D-Ringe auf die vier Längsstäbe
getakelt. Und zwar genau in der Höhe der Segeldurchbrüche.
Beachten Sie hierbei, dass die beiden D-Ringe eines Stabs in die
gleiche Richtung weisen. Wie man D-Ringe an einen Stab takelt, haben
wir übrigens in der Bauanleitung zum „Biplan RL“
in KITE & friends 5/2003 beschrieben.
Löcher
in den Segeln werden mit Textilkleber verstärkt
Das Prinzip
der Spannvorrichtung
an den Außenstäben Aufhängung des unteren Segels samt Zelle
Das Mittelsegel wird zur Zelle hin abgespannt
Abschließend werden die Spannschnüre der Zelle eingeknotet. Zunächst wird das Mittelsegel zu den Zellen hin abgespannt, das heißt es läuft jeweils eine Schnur von der Öse auf der 9-Zentimeter-Position zu der Lasche der Zelle. Anschließend werden die Zellen untereinander über Kreuz abgespannt. Zu beachten ist hierbei, dass die Spannschnüre nicht durch das Zentrum des Drachens verlaufen. Vielmehr werden zwei sich gegenüberliegende Bahnen über Kreuz verspannt. Abschließend bringen Sie die Waage an. Diese ist eine einfache Zweipunktwaage mit Aufnahme an der Spitze der oberen und unteren Zelle. Die Gesamtlänge der Waagenschnur beträgt im Übrigen 400 Zentimeter. Der Multicellulaire ist ein gutmütiger Drachen für mittlere Winde, der auch noch die eine oder andere Böe willig auspendelt. Besonders die kurze Aufbauzeit und das wunderschöne Flugbild zeichnen den Drachen aus.
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Stabaufnahme in der Zelle mit Takelung |
Kerbe an den Enden der Spreizen zur Aufnahme der D-Ringe |
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