Bauplan Pfeil-Ente
Enten-Drachen faszinieren mich immer wieder durch ihr einzigartiges Flugbild. In der Sport&DesignDrachen 4/1998 hatte ich meine erste „Ente" vorgestellt, den Canard-Roller. Dieser Drachen war wohl der erste Einleiner überhaupt, der den Spagat zwischen normalen Einleinerflug und Trickflug an einer Angelrute meisterhaft geschafft hat. Es war nun an der Zeit, dem Canard-Roller ein weiteres Modell an seine Seite zu stellen. Herausgekommen ist dabei die „Pfeil-Ente".
Konzeption und Flugeigenschaften
Die Pfeil-Ente ist mit klassischen Stilelementen versehen und besticht durch die elegante Formgebung. Vom Gerüstaufbau sind der alte Canard-Roller und die neue Pfeil-Ente nahezu identisch. Geblieben ist das bewährte Gestänge aus je 2 Stäben a 8mm CFK-Rohr mit 165 cm Länge für Längs- und Querholm. Geändert hat sich hingegen die Segelform. Das Hauptsegel ist etwas kleiner geworden, weil z.B. auch die Flügelecken nicht mehr ausgestellt werden. Wesentlich gewagter ist jedoch der kleine Entenflügel an der Spitze. Er wird nun nicht mehr mit Stäben aufgespannt, sondern nur noch durch Spannschnüre in Form gebracht. Er ist auch wesentlich weiter noch vorne gewandert und sitzt nun direkt an der Drachenspitze. Insbesondere durch diese Änderungen am Entenflügel ergibt sich ein neuartiges Flugverhalten, dass jedoch immer noch als „ typisch Ente" zu bezeichnen ist.
Beim „normalen" Drachenflug an einer Schnur ist der größte Unterschied zum Canard-Roller wohl die Position des Waagepunktes, der nun kurz vor dem Hauptflügel liegt. Diese andersartige Waagepunktposition wirkt sich z.B. im Steigverhalten und im Ansprechen auf Wind aus, die Pfeil-Ente lässt sich schneller „auf Höhe" bringen. Erhaltengeblieben ist jedoch das absolut stabile Flugverhalten an einer Einpunktwaage und die Vorliebe für leichte Winde. Selbst an relativ kurzer Schnur im Bereich der Bodenwirbel fliegt die Pfeil-Ente hervorragend. Bei stärkeren Winden kann man den Waagepunkt um bis zu ca. 4 Handbreiten nach vorne schieben und die Ente so noch bis ca. 3,5 Bft einsetzen. Ist der Wind jedoch zu stark, zieht die Pfeil-Ente zur Seite und man sollte auf einen anderen Drachentyp wechseln. Kleinere Windlöcher überbrückt die Pfeil-Ente mit einem sehr eleganten Segelflug. Ideal für die Pfeil-Ente ist ein leichter Abendwind, der sich in 100 m Höhe nach einem sonnenreichen Tag einstellt, wenn sich die Reste der täglichen Thermikblasen ausgleichen.
Bei Windstille kommt ein anderes Einsatzfeld auf die Pfeil-Ente zu, denn auch sie beherrscht den Trickflug an einer Angelrute. Meine Standartausrüstung besteht dabei aus einer 7 m CFK-Angelrute mit 3,60 m Leine. Der Waagepunkt liegt nun optimal ca. 75 cm vor dem Eddy-Kreuz. Beim Ruten-Trickflug ist die Pfeil-Ente wesentlich agiler als der Canard-Roller. Gerade um die Querachse lässt sie nun schon mehr Bewegungen zu, erste Schritte in Richtung Rückenflug/Fade oder innen und auch außen Looping sind nun möglich. Sie macht nicht soviel Druck wie der Canard-Roller, ist also insgesamt „ruten-freundlicher", was für Anfänger im Ruten-Trickflug sicher angenehm ist. Aber sie ist auch nicht ganz so präzise wie der Canard-Roller und muss daher im Axel mehr geführt werden, was für Anfänger wiederum schwieriger ist.
Zunächst jedoch noch einmal etwas zu den Begriffen „Ente" bzw. „Entendrachen", die ich hier wie selbstverständlich verwende. In dem Artikel zum Canard-Roller hatte ich schon einmal den Begriff „Ente" ausführlich erläutert, hier noch einmal die Kurzversion. Mit „Ente" beschreibt man in der allgemeinen Luftfahrt ein reines Konstruktionsprinzip bei Flugzeugen. Entenflugzeuge sind solche, bei denen das Höhenleitwerk vor dem Hauptflügel an der Rumpfspitze angeordnet ist. Wer sich mit dem Canard-Roller oder nun auch mit der Pfeil-Ente beschäftigt, wird schnell erkennen, wie fließend die Übergänge zwischen Drachen und Flugzeugen sein können. Entenflugzeuge oder auch Enten-Drachen wirken jedoch noch immer exotisch auf einen Großteil der Menschheit, aber man sollte sich daran erinnern, dass die Gebrüder Wright am 17.12.1903 mit einer Ente ihre ersten Motorflug durchführten.
Details zum Bau
Bei meiner Bauweise stehen die Stabenden immer etwas am Segelende über. Das Segel ist daher im Plan so gezeichnet, das eine Segelhälfte maximal 160 cm lang ist, ein üblicher 165 cm Stab also 5 cm übersteht. Wenn man es genau nimmt, stehen die Stäbe sogar noch etwas mehr über, da z.B. durch Stabendkappen, Eddyverbinder oder durch einen Muffensteg noch einige mm hinzukommen können. Aus dem Plan entnimmt man daher nur Werte für den Segelzuschnitt, die Stäbe werden nicht (!) gekürzt. Je nach Bedarf ergänzt man dann Saum- oder Nahtzugaben. Natürlich kann man seine eigenen Hauswerte verwenden, oder auf die angegebenen Werte zurückgreifen.
Der Drachen wird mit Abspannschnüren vorgespannt. Diese müssen so lang sein, dass die Strecke zwischen Endkappe Flügelspitze - Endkappe Drachennase 232 cm bzw. die Strecke zwischen Endkappe Flügelspitze - Endkappe Längsstabende 223 cm lang ist. Wichtig ist, beide Seiten symmetrisch abzuspannen, so ganz mm-genau muss man die angegebenen Werte nicht treffen. Vielmehr sind meine Werte auch nur eine Empfehlung und ich möchte keinen davon abhalten, in diesem Bereich zu experimentieren. Die Drachenstäbe verlaufen bei meinen Drachen alle in Stabtaschen. Wie man sie gestaltet, hängt z.B. auch vom Einsatzzweck ab. Die Leitkanten am Hauptflügel kann man z.B. wie bei einem Lenkdrachen aus Dacron fertigen. Das sieht sehr edel aus, ist aber auch völlig überdimensioniert. Normales Spinnaker erfüllt seinen Zweck hier genauso, ist leichter und preiswerter. Wer den Drachen jedoch als Ruten-Trickflieger beim Street-Kiting einsetzen will, sollte vielleicht doch auf Dacron zurückgreifen und damit auch den Längsstab auf der Vorderseite als Scheuerschutz verstärken. Der Drachen hat halt beim Trickflug öfters Bodenkontakt und Pflastersteine „fressen Stoff", auf das Gewicht muss man keine Rücksicht nehmen und man kann daher sehr solide bauen. Das Gestänge besteht wie schon gesagt aus 8-mm CFK-Rohren. Diese sind im Bereich des Eddy-Verbinders bzw. der Muffe unbedingt mit 6-mm CFK-Rohr aufzufüttern. Wie auch schon beim Canard-Roller gilt, dass man mit diesem Gestänge den Drachen in Form bringen, aber das Segel nicht paukenfellartig aufspannen kann. Ein dünneres Gestänge kann man daher nicht verwenden, der Drachen würde im Flug seine Form verlieren! Der untere Längsstab trägt eine Alumuffe mit Steg und direkt dahinter einen Eddy-Verbinder für die Querstangen. Zwei Segellatten spannen das Hauptsegel außen ab, da sonst die Hinterkante flattern würde. Bei einem Genki, Hamburger Flieger oder auch bei Lenkdrachen kann man andere Detaillösungen für meine Konstruktion finden.
Ich selbst hänge 3mm GFK-Stangen mit Splitkappen direkt in aufgenähte Schnurschlaufen ein und führe die Stäbe einmal in der Mitte mit einer Halterung. Die Segellatten dürfen dabei schön straff eingepasst werden. Vom kleinen Entenflügel führt eine lange Schnurschlaufe entlang des Längsstabes, die man straff um das Eddykreuz legt. Eine weitere kleine Schnurschlaufe (ca. 10 cm) legt man nun mit einem veränderten Prusik-Knoten über den Längsstab an diese lange Schlaufe, das ergibt den verschiebbare Waagepunkt. Im Detail legt man dazu die kleine Schlaufe in zwei Windungen nur um die Längsstabschnüre. Danach fasst man den Stab mit ein, wenn man wie bei einer Bucht die Schlaufenenden ineinander steckt und sichert alles durch einen Überschlag. Es empfiehlt sich für den Transport, die kleine Schlaufe immer bis zum kleinen Flügel zu verschieben, damit sie nicht abfallen kann. Für die inneren Abspannschnüre am unteren Hauptsegel habe ich keine Werte angeben, sie längt man so ab, dass sie mit den äußeren Abspannschnüren auf gleicher Spannung liegen.
Wie immer freut sich der Autor über Bildern von Nachbauten.
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